Ufervegetation
Raumplanung

P057: Rechtsgutachten zum aktiven und passiven Schutz von Ufervegetation (2020/2021)

Projektdauer: 01.12.2020 - 31.05.2021
Die Ufervegetation ist ein äusserst wertvoller und empfindlicher Lebensraum. Im Naturschutzrecht nimmt sie von Beginn weg, das heisst noch vor dem Moorschutz, eine einmalig hohe Stellung ein.

Art. 21 Abs. 1 des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) lautet: "Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetatio­nen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbe­reich) darf weder gerodet noch über­schüttet noch auf andere Weise zum Abster­ben gebracht werden."

Damit ist Ufervegetation von Gesetzes wegen geschützt. Trotz dieser Bestimmung und der ökologischen Bedeutung von Ufervegetation verschlechtert sich ihr Zustand seit Jahrzehnten. Diese Diskrepanz ist die Folge von Vollzugsdefiziten. Eines der Defizite ist, dass die Kantone die Ufervegetation oftmals nicht planungsrechtlich festlegen. Das heisst, dass bestimmte Kantone – beispielsweise der Kanton Appenzell Ausserrhoden – für Ufervegetation keine Schutzzone ausscheiden und auch keine andere geeignete Massnahme zu deren Schutz treffen. Das führt in der Praxis dazu, dass geschützte Ufervegetation – wissentlich oder unwissentlich – zerstört wird. Denn einerseits wissen Grundeigentümer oftmals gar nicht, dass Ufervegetation geschützt ist; es ist ja in keinem Schutzplan verzeichnet. Andererseits kann nach der Zerstörung nicht nachvollzogen werden, ob am fraglichen Ort überhaupt einmal Ufervegetation bestand; es war ja in keinem Schutzplan verzeichnet. Eine planungsrechtliche Festlegung wäre in der Praxis also unabdingbar für einen effizienten Schutz der Ufervegetation.

Damit ist die Rechtsfrage aufgeworfen: Besteht für Ufervegetation eine Festlegungspflicht oder reicht die Bestimmung im NHG? Weder ist diese Frage durch amtlich publizierte Bundesgerichtspraxis geklärt, noch hat sich die Lehre damit eingehend beschäftigt. Sie ist aber sehr dringend angesichts des schlechten Zustands der Ufervegetation. Daher hat Pro Natura St. Gallen-Appenzell den ausgewiesenen Experten Dr. iur. Gregor Geisser, St. Gallen, mit einem Rechtsgutachten beauftragt.

Das Fazit aus dem Gutachten lautet: Unter sämtlichen juristischen Auslegungsgesichtspunkten ergibt sich die Erkenntnis, dass die Behörden Ufervegetation planungsrechtlich festlegen müssen.

Mit diesem fundierten Rechtsgutachten haben die Umweltverbände nun ein Instrument in der Hand, um die Behörden zur planerischen Festlegung von Ufervegetation zu bewegen - mit etwas Glück ohne den Rechtsweg beschreiten zu müssen.